Leistungselektronik

Ausbildungsziel

Dieses Tutorial ist für Studierende gedacht, die später fertige Module der Leistungselektronik zu Anlagen zusammenbauen. Sie entwickeln keine neuen Module und optimieren nicht die Module. Sie sind in der Lage, geeignete Module für Anlagen auszuwählen. Sie verbinden und dimensionieren Module und berücksichtigen dabei Wirkungsgrad und Kosten. Sie finden Fehler in Anlagen und erkennen bei einem Ausfall, an welcher Stelle der Fehler liegt.

Die Bauelemente der Leistungselektronik werden nur oberflächlich behandelt. Das Verhalten der Bauelemente wird erklärt, es wird aber nicht aus der Physik abgeleitet. Es wird z. B. nicht erklärt, warum eine Spule ein Feld aufweist und durch welche Maßnahmen innerhalb der Spule das Feld reduziert werden kann. Es wird besprochen, wie Felder wirken und insbesondere wie magnetische Kopplung funktioniert, damit in der Anlage EMV-Maßnahmen ergriffen werden können.

Sie kennen Grundschaltungen der Leistungselektronik und wissen, an welcher Stelle in einer Anlage Sie welche Schaltung benötigen.

Sie können am Ende des Tutorials die Verlustleistung von Komponenten der Leistungselektronik berechnen. Dabei betrachten Sie nicht nur einzelne Komponenten, sondern deren Zusammenspiel als Gesamtsystem. Sie können Wirkungsgrade bestimmen. Sie haben ein Gespür für Kosten. Anhand dieser Parameter können Sie Lösungen beurteilen und optimieren. Sie kennen Grundschaltungen für Leistungssteller wie z. B. Wechselrichter und Hochsetzsteller.

Das Tutorial fokussiert auf eine kleine bis mittlere Leistungsklasse im Bereich unterhalb von 1MW. Sie arbeiten später in Unternehmen, die Energiewende für Haushalte wie z. B. Elektroautos oder PV-Anlagen entwickeln oder installieren.

Leistungselektronik und Energiewende

Leistungselektronik ist für die Energiewende eine Schlüsseltechnologie. Sie beschäftigt sich mit dem Verändern von Spannung und Strom bei hohem Wirkungsgrad. Das ist für alle Formen der Energieumwandlung und -Verteilung wichtig. Sie finden Leistungselektronik in nahezu allen Bereichen der Energiewende, wie z. B. Windkraftanlagen, PV-Anlagen, Elektromobilität, Netze etc.

Herausforderung

In diesem Tutorial betrachten wir Schaltungen mit einer Eingangsspannung und einer Ausgangsspannung. Dabei ist die Eingangsspannung oft vorgegeben, z. B. in Form des Netzes oder einer Hochvolt-Batterie im Elektroauto. Die Ausgangsspannung unterscheidet sich je nach Applikation und je nach Betriebspunkt. Wir brauchen Schaltungen, deren Ausgangsspannung sich von der Eingangsspannung unterscheidet. Die Ausgangsspannungen müssen während des Betriebs i. A. veränderlich sein.

Generell können sowohl Ausgangs- als auch Eingangsspannung Gleichspannungen oder Wechselspannungen sein. Die Höhe der Gleichspannung oder der Spitzenwert der Wechselspannung können zwischen Eingang und Ausgang unterschiedlich sein. Auch die Frequenz der Wechselsignale ist an Eingang und Ausgang nicht immer gleich. Wir betrachten insgesamt 4 Fälle für Leistungssteller:

In der Leistungselektronik ist ein entscheidendes Kriterium für eine gute Lösung der Wirkungsgrad. Er gibt an, wie viel der Eingangsleistung aus der Quelle an der Last verfügbar ist. In einer guten Leistungssteller geht nur etwa 1% der Eingangsleistung in Form von Wärme verloren. Wir sprechen dann von einer Verlustleistung im Leistungssteller von 1% oder von einem Wirkungsgrad von 99%. Dies wird folgendermaßen berechnet:

USB-Anschluss am Zigarettenanzünder

Ein Alltagsbeispiel der Leistungselektronik ist das Bereitstellen einer USB-Spannung am Zigarettenanzünder eines Autos. Die Spannung des Zigarettenanzünders beträgt ca. 14V, die USB-Spannung beträgt 5V. Beides sind Gleichspannungen. Hinterm Zigarettenanzünder liegt die Autobatterie als Quelle. An der USB-Spannung wollen Sie ein Smartphone aufladen. Sie schließen also eine Last (Smartphone) an, das Strom (z. B. 1A) aus der USB-Spannung zieht. Das Smartphone modellieren wir als Ohm´schen Widerstand.

Die Spannung der Quelle ist größer als die Spannung der Last. Wir müssen die Quellenspannung reduzieren. In den Grundlagen der Elektrotechnik haben wir dafür einen Vorwiderstand eingesetzt.

Wir müssen den Vorwiderstand einstellen, so dass die Ausgangsspannung passt. Am Vorwiderstand muss dafür die Differenz der Spannungen aus 14V und 5V abfallen. Durch den Vorwiderstand fließt der Laststrom. Es gilt:

Wenn wir einfach 9 Ohm Vorwiderstand fest verbauen, haben wir das Problem nur für den einen Laststrom von 1A gelöst. Jetzt nutzt jemand mit einem anderen Smartphone, das 2A Ladestrom zieht, unsere Schaltung. Jetzt gilt:

Es bleibt keine Spannung mehr für das Laden, der Vorwiderstand ist viel zu hoch. Er wurde ja für den Strom I = 1A dimensioniert. Der „richtige“ neue Vorwiderstand beträgt:

Wir brauchen also einen einstellbaren Vorwiderstand, der je nach Laststrom seinen Wert ändert.

Ungeeignete Lösungsansätze

Stellen Sie sich vor, wir hätten ein Bauelement zur Verfügung, dessen Widerstand über eine Steuerspannung einstellbar ist. Sie können den Widerstand frei zwischen den Werten 100mΩ und 1MΩ einstellen. Dafür brauchen Sie nur eine Steuerspannung zwischen 0,5V und 2V zu variieren.

Ein Transistor verhält sich ähnlich wie oben beschrieben. Mit diesem einstellbaren Widerstand können wir das Problem lösen. Wenn wir den Transistor als Vorwiderstand einbauen, können wir je nach Laststrom einen passenden Vorwiderstand erzeugen. Dafür müssen wir den Laststrom (irgendwie) messen und die Steuerspannung anpassen. Diese Art von Lösung bezeichnet man als Class A Endstufe.

Betrachten wir die Verlustleistungen und den Wirkungsgrad der Lösung beim Laden mit 1A Laststrom:

Nur 35,7% der eingesetzten Leistung, die der Autobatterie entnommen wird, kommt im Smartphone an. Eine Lösung mit so geringem Wirkungsgrad ist völlig inakzeptabel, wenn richtig viel Leistung bewegt wird. Das können wir in einer unbedeutenden USB-Ladeschaltung noch machen, aber nicht in der Energiewende. Stellen Sie sich einmal vor, dass ein Umspannwerk von 10kV auf 230V nur 35,7% Wirkungsgrad hätte. Mit solch einem Umspannwerk wird eine kleine Siedlung mit Energie versorgt. Dann würde mehr als das halbe Kraftwerk nur für das Umspannwerk arbeiten und weniger als die Hälfte der Energie käme in den Haushalten an.

Geeigneter Lösungsansatz

Es muss bessere Lösungen geben. Die gibt es auch, und um die geht es in diesem Tutorial. Die bessere Schaltung sieht folgendermaßen aus:

Die Batteriespannung wird zunächst über zwei Schalter in eine Zwischenspannung umgewandelt. Wir erzeugen aus der Gleichspannung zunächst eine „zerhackte“ Spannung. Der Mittelwert der zerhackten Spannung beträgt 5V. Ihr Zeitverlauf ist in der folgenden Abbildung im oberen Verlauf dargestellt. Die Spannung besteht aus Anteilen von 14V und 0V. Ist Schalter S1 geschlossen und S2 offen, liegt an UZ 14V an. Ist Schalter S2 geschlossen und S1 offen, beträgt UZ = 0V.

Zu 35,7% der Zeit beträgt die Spannung 14V und zu 64,3% der Zeit beträgt sie 0V. Damit stellt sich im zeitlichen Mittel die USB-Spannung von 5V ein. Wir beschäftigen uns in den nächsten Kapiteln intensiv mit Schaltern, um diese Stufe besser zu verstehen.

Die Spannung wird anschließend mit Spule und Kondensator gefiltert. Um die Filterwirkung zu verstehen, müssen wir zuerst tiefer in die Bauelemente Spule und Kondensator eintauchen. Am Ausgang liegt eine geglättete Spannung vor, die etwas um die 5V herum schwankt. Noch ist unklar, woher diese Spannungsverläufe kommen. Sie werden sie am Ende des Tutorials verstehen.

Betrachten wir erneut die Verlustleistung. Ein idealer Schalter weist keine Verlustleistung auf. Entweder ist die Spannung am Schalter 0V (Zustand geschlossen) oder der Strom beträgt 0A (Zustand offen). Es liegen niemals gleichzeitig Spannung und Strom an. Es gilt immer P = U ∙ I = 0W.

Ideale Spulen und Kondensatoren weisen auch keine Verlustleistung auf. Sie weisen nur Blindleistung und keine Wirkleistung auf, siehe Grundlagen der Elektrotechnik / Wechselstrom. Wenn an den Komponenten keine Wirkleistung abfällt, steht theoretisch die gesamte Eingangsleistung am Ausgang mit einem Wirkungsgrad von 100% bereit. Das ist in der Praxis natürlich nicht so, darauf gehen wir später genauer ein. So eine Schaltung weist in der Praxis einen Wirkungsgrad von etwa 98% bis 99% auf. Damit können wir in der Energiewende was anfangen.

Die Leistungselektronik beschäftigt sich vorwiegend mit Systemen hoher Leistung, in denen die Lastspannung nicht der Quellenspannung entspricht. Klassische Kriterien zur Beurteilung dieser Lösungen sind:

• Wirkungsgrad

• Kosten

• Systemkosten (z. B. Kühlung)

• Bauraum

• Leistungsfaktor / Blindleistung

Wir werden Lösungen nach diesen Kriterien beurteilen und optimieren.

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