Das magnetische Feld wird durch Strom – also durch bewegte elektrische Ladung – erzeugt. Es wirkt also auch nur auf bewegte elektrische Ladung. Bisher haben wir mit Strom in einem Leiter ein magnetisches Feld erzeugt. Jetzt lassen wir ein magnetisches Feld auf einen (anderen) stromdurchflossenen Leiter wirken:
Das magnetische Feld wirkt im Beispiel von oben nach unten. Der Strom durch den Leiter fließt in der eingezeichneten Richtung auf Sie zu. Es liegt nur ein Teil des Leiters im Magnetfeld, der Bereich ist mit der Länge l bezeichnet.
Es wirkt eine Kraft F auf den stromdurchflossenen Leiter. Die Richtung der Kraft wird erneut nicht aus einer Formel, sondern aus einem Merksatz heraus abgeleitet: Der „Drei Finger Regel“. Die Drei Finger Regel lautet „Ich bin faul“. Dabei halten wir den Daumen der rechten Hand in Richtung des Stroms I („Ich“). Der Zeigefinger der rechten Hand zeigt in Richtung des Felds B („bin“). In der Abbildung oben ist nur das H-Feld abgebildet, das B-Feld hat die gleiche Richtung. Der Mittelfinger der rechten Hand weist jetzt in Richtung der Kraft F („faul“). Zwischen den Fingern liegt jeweils ein rechter Winkel zu den anderen beiden Fingern.
Wir brauchen für die Visualisierung ab jetzt die beiden Richtungen „aus Sie zu“ und „von Ihnen weg“. Für diese Richtungen werden folgende Symbole verwendet:
Man kann sich diese Richtungen folgendermaßen merken: Das obere Symbol sieht so aus, als ob ein Pfeil mit seiner Spitze voran auf den Betrachter zukommt. Die Richtung der Flugbahn des Pfeils ist also „aus der Betrachtungsebene heraus“. Das untere Symbol sieht so aus, wie das gefiederte andere Ende eines Pfeils. Hier ist die Flugbahn des Pfeils „in die Betrachtungsebene hinein“, als von Ihnen weg.
Der Strom in der unteren Abbildung zeigt also „auf Sie zu“. Das ist im linken Teil der unteren Abbildung so wie die Stromrichtung des Leiters im Bild weiter oben gezeichnet. Diese Form der 3D-Darstellung ist grafisch schöner, sie ist mir mathematisch aber zu undeutlich. Im rechten Teil erkennen Sie die rechten Winkel zwischen den Richtungen deutlicher. In beiden Fällen soll der Strom I in die gleiche Richtung „auf Sie zu“ fließen.
Die Kraft auf den stromdurchflossenen Leiter weist also nach rechts. Die Intensität berechnen Sie nach der Formel:
Wenn der Winkel zwischen Stromrichtung und Feldrichtung α = 90° beträgt, dann ist die Intensität der Kraft maximal. Wenn der Winkel α = 0° beträgt, dann beträgt die Kraft F = 0 N. Das magnetische Feld, das von einem stromdurchflossenen Leiter erzeugt wird, ist kreisförmig um den Leiter angeordnet. Es steht also im rechten Winkel zur Stromrichtung. Deshalb wirkt auch nur der Anteil eines externen Felds auf einen stromdurchflossenen Leiter, der im rechten Winkel zur Stromrichtung liegt. Die Sinus-Funktion gibt genau diesen Anteil des Felds aus.
Die folgende Abbildung zeigt drei Richtungen von Feldern als Beispiel, die alle auf den gleichen Leiter wirken. In der linken Abbildung sind Feld und Strom gleichgerichtet. Das Feld bewirkt keine Kraft auf den Leiter. Es gilt α = 0°. In der mittleren Abbildung stehen die Richtungen von Feld und Strom im rechten Winkel zueinander. Die Kraft wirkt nach rechts. In der rechten Abbildung liegt erneut ein rechter Winkel vor. Die Kraft wirkt jetzt nach unten.
Kraft auf zwei parallele Leitungen
Das Ziel lautet, mit Hilfe von Strom eine Kraft mit einem Feld zu erzeugen. Deshalb nutzen wir jetzt einen Leiter zum Erzeugen eines Felds, das dann auf einen anderen Leiter wirkt. Durch beide Leiter fließt der Strom I.
Wir gehen davon aus, dass die Leiter parallel mit Abstand r verlaufen. Die Länge l ist die Strecke, die beide Leiter parallel nebeneinander verlaufen. Es ist also die Wirklänge des Felds. In der Abbildung oben erzeugt der rechte Leiter (Leiter 1) das Feld, das auf den linken Leiter (Leiter 2) wirkt. Genauso erzeugt der linke Leiter ein Feld, das auf den rechten Leiter wirkt. Diese zweite Wirkrichtung ist zur Reduktion der Komplexität nicht abgebildet, sie ist aber genauso vorhanden.
Die Felder bewirken eine Kraft. Betrachten wir zunächst nur die Kraft, die das Feld des rechten Leiters (Leiter 1) auf den linken Leiter (Leiter 2) ausübt. Es gilt für die Intensität (Betrag) der Kraft:
Die Kraft sinkt mit dem Abstand der Leitungen r. Sie steigt mit größeren Materialkoeffizienten µr des Materials zwischen den Leitern. Je größer die Ströme sind, desto mehr Kraft wirkt. Je größer die Länge l ist, die beide Leiter parallel liegen, desto größer ist die Kraft. Wir haben damit die Kraftintensität über Geometrieparameter (Leitungslänge- und Abstand), Materialparameter und Stromstärken in der Hand. Das Feld steht in dieser Anordnung immer senkrecht auf dem Leiter, auf den es wirkt. Deshalb ist sin(α) immer gleich 1.
Für die Richtung der Kraft gilt: Fließt der Strom in beiden Leitern in die gleiche Richtung, ziehen die Leiter sich an. Fließt der Strom in unterschiedliche Richtungen, stoßen die Leiter sich ab. Das können Sie mit der Drei Finger Regel nachvollziehen, indem Sie die Richtung von Feld und Strom in Leiter 2 betrachten.
Die Kraftwirkung „Anziehen“ oder „Abstoßen“ ist aufgrund der Kraftrichtung problematisch. Es ist mechanisch schwierig, zwei Leiter sehr auf langer Strecke parallel verlaufen zu lassen. Damit mit dem Aufbau eine Bewegung möglich sein kann, kann zwischen den Leiter kein festes Material sein. Es müsste ein verdrängbares Gas wie z. B. Luft dazwischen sein. Material mit sehr hohem µr ist aber i. A. fest, also hilft der Materialparameter hier weniger als zunächst gedacht.
Weiter