Spannung und Strom an Maschinen

Bevor wir Spannungen und Ströme an elektrischen Maschinen untersuchen, muss ich eine Änderung des Bezugssystems durchführen. Bisher haben wir definiert, dass ein Magnetfeld in Richtung Südpol positiv ist. So haben wir die Richtung von Stator- und Rotormagnetfelds eingezeichnet. Wir würden nach dieser Konvention den Südpol des Rotors in d-Richtung ausrichten.

Diese Konvention erscheint mir sinnvoll, allerdings gehen die Experten auf diesem Gebiet hier nicht mit. In ihrer Literatur zeigt der Nordpol des Rotors in Richtung d. Um mit diesen (teilweise hervorragenden) Quellen kompatibel zu werden, setzen auch wir den Nordpol in Richtung d fest. Der Rest bleibt wie gehabt. Das Statorfeld zeigt immer noch bei positivem Strom in Richtung magnetischem Nordpol. Wir drehen also nur den Rotor um 180°.

Damit ändert sich folgendes: Der Südpol des Statorfelds ist dem Nordpol des Rotorfelds immer um 90° in Drehrichtung voraus. In der bisherigen Betrachtung war der Südpol des Statorfelds dem Südpol des Rotorfelds um 90° hinterher. Wir schieben also nicht mehr den Rotor-Südpol mit dem Stator-Südpol vor uns her. Ab jetzt ziehen wir den Rotor-Nordpol mit dem Stator-Südpol hinter uns her.

Jetzt packen wir alle Grundlagen der letzten Kapitel zusammen: Wir drehen den Rotor gegen den Uhrzeigersinn. Wir setzen uns auf den Rotor ins d/q-Koordinatensystem. Der Nordpol des Rotors zeigt in Richtung d. Der Statorstrom ist dann in Richtung q ausgerichtet. Der Statorstrom ruft das Statorfeld hervor, das ebenfalls in Richtung q zeigt. Das Statorfeld zieht mit seinem Südpol in Richtung q den Nordpol des Rotors an.

Der Spulenstrom induziert eine Spannung uL in die Spule, die um 90° dem Strom vorauseilt (siehe letztes Kapitel). Die Spannung zeigt also in Richtung -d.

Das Magnetfeld des Permanentmagneten des Stators induziert eine Spannung uPM. Diese Spannung ist um Faktor j gegenüber der Richtung des Rotor-Magnetfelds gedreht. Sie zeigt also in Richtung q (siehe letztes Kapitel). Alle Größen werden als Effektivwertzeiger dargestellt.

Die obere Abbildung zeigt die Ausrichtung aller Größen. Bitte ignorieren Sie zunächst die Längen, sie sind noch willkürlich eingezeichnet.

Wir steuern eine solche Maschine oft mit einem Wechselrichter an. Das ist ein Bauelement, das Sie in der Vertiefungsvorlesung Leistungselektronik kennen lernen. Mit einem Wechselrichter wird aus einer Gleichspannung eine Wechselspannung erzeugt. Wir stellen also am Stator mit dem Wechselrichter die Statorspannung US so ein, dass sich der gewünschte Statorstrom ergibt.

Am Stator müssen wir insgesamt eine Spannung anlegen, die sich aus UPM + UL zusammensetzt. Die Statorspannung in d/q-Koordinaten kann mit der inversen d/q-Transformation in die drei Spannungen an U, V und W umgerechnet werden, die an der Maschine angelegt werden.

Wenn wir mehr Kraft (Drehmoment) an der Achse haben wollen, dann erhöhen wir den Statorstrom in Richtung q. Dadurch steigt die Spannung an der Spule. UL wird größer. Wir brauchen dann am Stator eine Spannung mit höherem negativen d-Anteil. Das Drehmoment ist proportional zum Statorstrom, wenn dieser nur in q-Richtung fließt.

Wenn sich anstelle des Drehmoments die Drehzahl des Rotors verdoppelt, dann ergibt sich folgendes Bild:

Wenn der Rotor schneller dreht, dann wird ω größer. Das bedeutet, dass der Rotor weniger Zeit benötigt, um eine Umdrehung auszuführen. Die Frequenz und damit die Kreisfrequenz steigen. Damit steigen beide Spannungen UPM und UL gleichermaßen an, denn beide enthalten den Faktor ω in der Formel. Der Stator-Spannungszeiger behält seine Richtung und er wird länger.

Damit haben Sie Gleichungen zur Verfügung, aus denen Sie aus Statorstrom und Drehzahl die Statorspannung berechnen können, die der Wechselrichter einstellen muss. Sie brauchen von der Maschine nur noch die Maschinenparameter

– Induktivität der Spulen L und

– Stärke des Magnetfelds des Permanentmagneten auf dem Rotor Ψ.

Weiter