Wenn wir die Länge des Tisches mit dem Zollstock messen, müssen wir uns zunächst mit der Länge des Zollstocks beschäftigen, mit dem wir messen. Ein Zollstock hat eine spezifizierte Unsicherheit von ±1mm in seiner Länge. Zollstöcke sind also zwischen l = 1,999m und l = 2,001m lang. Wir wissen zunächst nicht, wie lang der Zollstock tatsächlich ist. Wir wissen auch nicht, ob er zu lang oder zu kurz ist, deshalb geben wir das Intervall mit „±“ an.
Wenn wir dem Hersteller vertrauen, dass die Länge des Zollstocks innerhalb seiner Spezifikation liegt, können wir nur sicher sagen, dass er mindestens l = 1,999m und maximal l = 2,001m lang ist. Wenn wir mit diesem Zollstock unbekannter Länge die Länge des Tisches vermessen, dann ist das Messergebnis genauso unsicher wie die Messunsicherheit – hier die Längenunsicherheit – des Messgeräts.
Natürlich können wir mit einem Präzisionsmessgerät nachmessen, wie lang ein Zollstock ist. Das Präzisionsmessgerät selbst ist aber auch nicht beliebig genau. Angenommen das Präzisionsmessgerät selbst weist eine Unsicherheit von ±100µm auf, dann wissen wir die Länge des Zollstocks anschließend mit einer Unsicherheit von ±100µm. Unser Zollstock im Beispiel ist l = 2,0005m lang. Die Messunsicherheit geben wir bei Messergebnissen immer mit an. Deshalb würden wir die Länge dieses Zollstocks als l = 2,0005m ± 100µm angeben. Jeder kann dann nachvollziehen, wie sicher wir mit der Aussage sind. Die wahre Länge des Zollstocks könnte also auch 2,0004m oder 2,0006m betragen.
Weil wir jetzt wissen, dass der Zollstock um 0,5mm zu lang ist, korrigieren wir diese bekannte Messabweichung bei jedem ermittelten Ergebnis. Wir messen also einen Tisch und lesen also z. B. l = 2m ab. Dann wissen wir, dass der Tisch eigentlich 2,0005m lang ist. Und wir wissen, dass Messergebnisse mit dem Zollstock nach dieser Korrektur nur noch die Unsicherheit von ±100µm aufweisen.
Die Messunsicherheit eines Messsystems wird bei hochwertiger Messtechnik im Datenblatt angegeben.
Um in einer Zollstockfabrik die Länge der Zollstöcke auf eine maximale Längenunsicherheit von ±1mm nachzuweisen, ist ein Referenzsystem mit einer Messunsicherheit von maximal ±100µm notwendig. In der Praxis muss ein Messgerät zum Nachweis einer Messunsicherheit etwa Faktor 10 genauer sein als das Messgerät, dessen Genauigkeit verifiziert werden soll. Natürlich können Sie auch genauere Referenzsysteme nutzen, dann ist Ihr Messsystem anschließend weniger ungenau. Um die Referenzsysteme zur Verifikation von Messergebnissen geht es im nächsten Kapitel.
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