Ermittlung von ESB-Parametern

Die parasitären Eigenschaften eines realen Bauelements können durch Überlegungen und Berechnungen aus der Geometrie ermittelt werden. Das habe ich Ihnen in den letzten Kapiteln gezeigt.

Es gibt auch eine messtechnische Herangehensweise. Dabei wird nur eine mathematisch richtige Abbildung der realen Eigenschaften ermittelt. Diese werden nicht nach Ursachen getrennt parasitären Bauelementen zugewiesen. Beim messtechnischen Verfahren betrachten wir das Bauelement als „Black Box“. Wir schauen nur von außen auf seine Reaktion auf eine bestimmte Stimulation. Wir schauen nicht in die Black-Box hinein. Die innere Struktur interessiert dabei nicht.

Modellierung passiver Bauelemente

Bei passiven Bauelementen (die keine Quelle beinhalten) können wir zur Charakterisierung eine beliebige Gleichspannung anlegen und den resultierenden Strom messen. Damit bekommen wir seinen Ohm´schen Widerstand heraus.

Wenn der Blindanteil der Impedanz gemessen werden soll, dann müssen wir eine Wechselspannung anlegen. Aus den Spitzenwerten von Spannung und Strom und der Phasenverschiebung können wir dann Realteil und Imaginärteil der Gesamtimpedanz ermitteln:

Wir können das Ergebnis verifizieren, indem wir den Realteil dieser Messung mit dem Widerstand aus der Gleichspannungs-Messung davor vergleichen.

Wenn z. B. die Temperaturabhängigkeit der Modellparameter ermittelt werden soll, dann wird das reale Bauelement in eine Klimakammer gesteckt und abgekühlt bzw. erwärmt. Dann kann der Einfluss der Temperatur auf die Parameter gemessen werden. Das Modell kann dann erweitert werden.

Soll die Alterung bestimmt werden, werden sehr viele Temperaturzyklen in kurzer Zeit gefahren. Damit wird das Bauelement künstlich in relativ kurzer Zeit „gealtert“. Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, welche der Parameter wie von Alterung betroffen sind.

Leerlaufspannung und Kurzschluss-Strom

Dieses Verfahren wird bei aktiven Bauelementen wie z. B. der realen Spannungsquelle angewendet. Sie haben im Kapitel Reale Spannungsquelle das Verfahren mit Leerlaufspannung und Kurzschluss-Strom bereits kennengelernt. Bei diesem Verfahren wird das reale Bauelement zunächst ohne Last betrieben. Diesen Arbeitspunkt nennen wir „Leerlauf“. Dabei wird die Leerlaufspannung gemessen.

Anschließend wird das reale Bauelement kurzgeschlossen. Die Last ist ein idealer Leiter, der die Ausgangsklemmen kurzschließt – also z. B. ein Kabel. In diesem Arbeitspunkt wird der Kurzschluss-Strom gemessen, der durch das Kabel fließt.

Das aktive, reale Bauelement können wir dann mit einer inneren Quelle und einem Ausgangswiderstand modellieren. Die innere Quellenspannung entspricht der Leerlaufspannung. Die Ausgangsimpedanz entspricht dem Quotienten aus Leerlaufspannung und Kurzschluss-Strom.

Das Modell ganz unten in der oberen Abbildung verhält sich hinsichtlich Spannung und Strom genauso wie das reale Bauelement ganz oben. Die elektrischen Größen i und u am Ausgang sind bei gleicher Last identisch. Damit sind statische reale Eigenschaften des Bauelements im Modell abgebildet.

Vorteile des Verfahrens

Der messtechnische Ansatz ist vorteilhaft, wenn über den inneren Aufbau des realen Bauelements nichts bekannt ist. Studierende der ETR werden diese Verfahren in der Vorlesung EMA I für die Ermittlung der Ersatzschaltbild-Parameter elektrischer Maschinen anwenden.