Vollbrücke

Die Brückenschaltung mit PT100 besteht aus zwei Festwiderständen und zwei veränderlichen Widerständen. Sie wird als „Halbbrücke“ bezeichnet, weil nur die Hälfte der Widerstände einen Beitrag zur Änderung der Spannung mit der physikalischen Größe liefern. Das liegt daran, dass bei der Widerstandswert eines PT100 immer ansteigt, wenn die Temperatur steigt.

Betrachten wir einen Sensor, dessen Widerstandswert wahlweise mit der physikalischen Größe steigt oder sinkt. Das z. B. ist bei einem Dehnungsmessstreifen (DMS) der Fall. Ein DMS besteht aus einem leitfähigen Streifen, dessen Länge entweder gestaucht (reduziert) oder gestreckt (erhöht) werden kann. Bei Erhöhung der Länge l wird – aufgrund des konstanten Volumens des Körpers – seine Querschnittsfläche A etwas kleiner. Aufgrund der Änderung der Geometrie bei einer Längenänderung ändert sich der Ohm´sche Widerstand des Streifens, denn es gilt:

Der Faktor 2 in der Gleichung kommt aus einer Näherung für die gleichzeitige Erhöhung der Länge und Reduktion der Querschnittsfläche beim Auseinanderziehen eines Körpers. Wir nehmen den Faktor ohne Herleitung zur Kenntnis, er spielt später keine große Rolle mehr.

Ein DMS ist ein Sensor, der sich wie ein veränderlicher Widerstand verhält. Er hat die Eigenschaften Länge, Querschnittsfläche und seinen Ohm´schen Widerstandswert. Die Formeln oben beziehen sich auf den Widerstandswert, der durch Änderung von Länge und Fläche variiert.

Wir bauen mit diesem Sensor eine Waage auf. Dafür nutzen wir einen Balken, der auf einer Seite fest eingespannt ist, so dass sich dieses Ende nicht bewegen kann. Das lose Ende des Balkens kann sich bewegen, wenn eine Kraft auf dieses Ende wirkt. Wenn auf das lose Ende etwas draufgelegt wird, verbiegt sich der Balken aufgrund des Gewichts.

Wir kleben einen DMS-Streifen auf die Oberseite und einen weiteren DMS-Streifen mit gleicher Geometrie auf die Unterseite eines Balkens. Durch die Verbiegung nach unten wird der obere Sensor länger und der untere etwa im gleichen Maße kürzer. Dafür müssen die beiden Enden der DMS am Balken angeklebt sein, so dass sich der mittlere Teil strecken oder stauchen muss.

Wird ein Biegebalken mit einem Gewicht belastet, verbiegt er sich nur minimal. Die Längen der Streifen ändern sich ebenfalls sehr wenig.

Bei Erhöhung der physikalischen Größe „Gewicht“ steigt der Widerstandswert eines DMS an und der des anderen DMS sinkt im gleichen Maße. Die gleich aufgebauten Sensoren verhalten sich aufgrund ihrer Lage am Balken gegenläufig. Der Widerstandswert beider Sensoren ist bei vollständig geradem Balken gleich groß, weil ihre Geometrie ohne Verbiegung gleich ist.

Der Widerstandswert aller DMS bei geradem Balken R0 entspricht einem Offset. Die Längenänderung des DMS ist extrem klein gegenüber der Grundlänge des DMS. Damit gilt R0 >> ΔR. Wir stehen also vor dem Problem, dass ein sehr großer Offset ein winziges Sensorsignal dominiert.

Wir verkleben jeweils zwei DMS nebeneinander an Ober- und Unterseite, denn für eine Vollbrücke brauchen wir vier DMS, von denen jeweils zwei gegenläufiges Verhalten aufweisen müssen. Dann verschalten wir die Widerstände in einer Brücke, lehnen uns zurück und bewundern die Eleganz in der Mathematik:

Ohne jede Näherung ergibt sich ein proportionaler Zusammenhang zwischen Sensorspannung und Widerstandsänderung. Der Offset R0 verschwindet vollständig aus den Formeln, so lange die Geometrie aller vier Widerstände bei geradem Balken gleich ist.

Die Vollbrücke ist doppelt so sensitiv wie die Halbbrücke. Es gilt:

Mit Änderung der physikalischen Größe ΔR ändert sich die Ausgangsspannung US der Vollbrücke doppelt so intensiv wie die einer Halbbrücke. Die Vollbrücke ist viel besser als die Halbbrücke, deshalb wird sie in sehr vielen Messsystemen eingesetzt. Wir benötigen dafür aber Widerstände, die mit steigender physikalischer Größe einmal größer und einmal kleiner werden. In Applikationen, in denen das nicht gegeben ist, weichen wir auf Halbbrücken aus.

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