Motivation

Warum Elektrotechnik? Das Fach ist schwierig, nerdig und hat keinen guten Ruf. Warum also sollten Sie Elektrotechnik mit Begeisterung lernen? Weil Elektrotechnik sehr viel kann. Und wenn Sie es beherrschen, dann können sie sehr viel bewirken.

Vor ca. 100 Jahren war die Welt vorwiegend mechanisch. Geräte bestanden aus Metall oder Holz, Antriebe wurden überwiegend durch Verbrennung von Kohle betrieben. Die Möglichkeiten der Mechanik zur Bewegung von Dingen sind aber stark begrenzt. Nehmen wir als Beispiel ein Spielzeugauto, das bewegt werden soll. Es soll sich autark bewegen, ohne dass es jemand dauernd anschiebt.

Dafür brauchen wir einen Energiespeicher. In der Mechanik nutzen wir dafür z. B. Federn. Im Spielzeugauto wird also eine Spiralfeder gespannt, wenn das Auto aufgezogen wird. Anschließend wird es losgelassen und fährt – hoffentlich geradeaus – bis es stehen bleibt. Der Spielspaß hält sich in Grenzen, denn es ist nicht möglich, während der Fahrt in das System einzugreifen. Das „Laden“ des Energiespeichers erfolgt durch die gleiche Bewegung wie das Fahren, nur rückwärts. Das macht wenig Spaß zu fahren.

Wenn wir das gleiche System elektrisch aufbauen, dann ist der Energiespeicher eine Batterie. Sie wird über ein Netzteil an einer Steckdose aufgeladen. In der Batterie kann genug Energie gespeichert werden, dass das Auto über Stunden herumfahren kann. Mit der gespeicherten Energie wird nicht nur eine Bewegung initiiert, sondern auch eine Lenkung, eine Fernsteuerung, ein Antrieb mit einstellbarer Geschwindigkeit für Bewegungen vorwärts und rückwärts. Das macht Spaß!

Sie sehen schon an diesem Beispiel, wie flexibel elektrische Energie eingesetzt werden kann. Die Feder kann nur in die Richtung auslenken, entgegen der sie gespannt worden ist. Die Intensität der Entspannung – also der Energieabgabe – kann nicht eingestellt werden. Mechanisch gespeicherte Energie ist sehr unflexibel. Sie kann auch schlecht transportiert werden. Sie brauchen eine gewaltig große und steife Feder, um so viel Energie zu erhalten, wie schon in einer winzigen Uhrenbatterie von wenigen Millimetern Durchmesser gespeichert ist.

Mechanische Systeme wie z. B. das Auto mit Verbrennungsmotor nimmt gespeicherte Energie in Form von Benzin mit. Die Verbrennung des Kraftstoffs ist aber auch unflexibel. Damit wird nur eine Welle gedreht. Aus der Drehbewegung muss dann umständlich ein Antrieb für die Räder realisiert werden. Für Lenken, bremsen, Beleuchten und Musikhören brauchen Sie eine andere Energiequelle. Die Energie des Kraftstoffs wird im Auto in der Lichtmaschine in elektrische Energie umgewandelt, damit diese flexible Energieform auch im Auto verfügbar ist. Der Trend geht klar zum rein elektrischen Auto, damit dieser Unsinn aus einer vergangenen Zeit endlich aufhört. Moderne Verbrennungsmotoren sind äußerst komplex. Elektromotoren sind sehr einfach aufgebaut, sie kosten auch viel weniger Geld als Verbrennungsmotoren.

Die Gegenwart und vor allem die Zukunft gehört der elektrischen Energie. Insbesondere weil es so schwierig ist, konventionelle Kraftstoffe regenerativ zu erzeugen. Elektrische Energie kann ziemlich einfach aus Windenergie, Sonnenenergie oder natürlichen chemischen Prozesse gewonnen werden. Danach kann sie einfach in beliebige andere Energieformen umgewandelt werden.

Für elektrische Energie steht ein Versorgungsnetz bereit, das sehr komfortabel ist. Sie finden überall Steckdosen, an denen Sie elektrische Energie nutzen können. Immer mehr Geräte werden tragbar und unabhängig von Steckdosen, denn elektrische Energie kann immer effizienter und mit immer größerer Energiedichte gespeichert werden.

In diesem Tutorial lernen Sie, wie Sie elektrische Energie in Ihren Projekten einsetzen können. Wir starten mit physikalischen Grundlagen über elektrische Ladung. Anschließend lernen Sie Spannung und Strom kennen. Sie lernen, wie sie diese Größen für einen Verbraucher richtig dimensionieren. Und Sie lernen elektrische Speicher und deren Verhalten in Schaltungen kennen. Am Ende erklären ich Ihnen, wie Wechselstromnetzwerke berechnet und ausgelegt werden, damit Sie Ihre Systeme auch an einer Steckdose betreiben können.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg beim Verstehen!

Holger Glasmachers

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