Einstellen eines Reglers

Bei der Reglerauslegung gibt es folgende wichtige Punkte zu beachten:

1. Stabilität

Es ist in der Regelungstechnik ein zentrales Ziel, dauerhafte Schwingungen im System zu vermeiden. Instabile Systeme schwingen kontinuierlich mit konstantem Spitzenwert. Ein System, das nicht dauerhaft schwingt, wird als „stabiles“ System bezeichnet. Bei abklingenden Schwingungen sollte das Überschwingen begrenzt werden, damit die Komponenten des Systems nicht durch eine zu große Amplitude der Ausgangsgröße beschädigt werden.

Ein geregeltes System ist schwingfähig, wenn mindestens 2 Speicher im System enthalten sind. Ein I-Regler oder ein D-Regler zählen als zusätzliche Speicher. Da Schwingen mit höchster Priorität vermieden werden muss ist es oft hilfreich, keine Speicher in den Regler einzubauen, wenn Sie auch ohne Speicher die Ziele der Regelungstechnik erreichen.

Wenn Sie die Verstärkung im Regler reduzieren, können Sie ein schwingendes System oft beruhigen.

2. Robustheit

Wenn Sie ein System so parametriert haben, dass es nicht schwingt, ist das erst die halbe Miete. Die Parameter eines realen Systems ändern sich. Ein „robustes“ System ist stabil, auch wenn sich seine Parameter ändern. Dabei muss abgeschätzt werden, wie stark sich die Parameter ändern können. Folgende Effekte wirken auf Parameter:

Alterung: Systemparameter ändern sich über der Nutzungsdauer. Beim Auto werden z. B. die Bremsen schlechter, sie nutzen ab. Im Motor können Ventile verschleißen und zu einem veränderten Ausgangsmoment führen. Der Ausgangsstrom eines Solar-Panels sinkt über die Jahre bei gleicher Sonneneinstrahlung.

Exemplarstreuung: Wenn ein Hersteller 1000 Autos produziert, sind diese nicht alle identisch. Den Unterschied zwischen zwei Fahrzeugen gleicher Bauart bezeichnen wir als Exemplarstreuung. Sie kommt z. B. durch Fertigungstoleranzen zustande. Die Fahrzeuge verhalten sich ähnlich, aber nicht identisch.

Abhängigkeit von Umgebungseinflüssen: Viele Parameter sind abhängig von Temperatur, Druck oder Luftfeuchtigkeit. Die Belastbarkeit einer Batterie eines Elektroautos hängt z. B. stark von der Temperatur ab. Die Kennlinie eines Ventils kann vom Druck abhängen.

Sie sollten in der Praxis eine Parametrierung wählen, die auch bei Änderung der Parameter um 50% noch sicher stabil ist. Das ist eine robuste Auslegung eines Systems.

3. Geschwindigkeit

Geregelte Systeme sollen in vielen Applikationen schnell den Endwert erreichen. Sie sollen auch schnell einen eingeschwungenen Zustand erreichen und möglichst wenig überschwingen. Diese Ziele widersprechen sich. Sie brauchen einen Kompromiss. Beachten Sie, dass Robustheit immer viel wichtiger als Geschwindigkeit ist. Ein Regler, der nach einigen Jahren im Feld schwingt, ist für das System immer schlimmer als eine etwas zu hohe Anstiegszeit.

Einstellung für robuste und stabile Regler

Wie müssen die Reglerparameter gesetzt werden, damit ein System robust und stabil ist? Dafür gibt es keine allgemeine Regel, sondern nur Ansätze, mit denen Sie häufig richtig liegen:

Wenig Speicher: Die Neigung eines Systems zu schwingen steigt, je mehr Speicher im System vorhanden sind. Deshalb kann es helfen, mit kIR = 0 und kDR = 0 zwei Speicher im Regler aus dem System zu entfernen.

Geringe Verstärkung: Systeme mit hoher Verstärkung schwingen eher als System mit niedriger Verstärkung. Hohe Verstärkung führt tendenziell zu schnellem Einschwingen und stärkerem Überschwingen. Die Regelparameter sollten also eher kleine Werte aufweisen.

Begrenzung von Systemen

Viele Systeme sind begrenzt. Ihre Ein- und Ausgangsgrößen können nicht beliebige Werte annehmen. Ein Beispiel ist der Eimer als Speicher. Seine Grenzen sind die Füllstandswerte „leer“ und „voll“. Es kann vorkommen, dass der Regler den Aktor so ansteuert, dass der Eimer voller als „voll“ werden müsste. Das kann er aber nicht. Ein Regler muss damit klarkommen, dass das System begrenzt ist. Er muss so arbeiten, dass der Eimer niemals leer oder voll ist.

Anti-Windup

Wenn ein System einen I-Regler enthält (oder im PID-Regler kI > 0 ist), dann wird die Regelabweichung integriert (summiert). Wenn sich in dem System eine der Größen nicht frei verändern kann (z. B. durch eine Begrenzung), dann kommt es vor, dass die Regelabweichung über einen längeren Zeitraum große Werte aufweist. Wenn diese aufsummiert werden, wird der I-Anteil des Reglers immer größer. Der I-Anteil sinkt anschließend nur, wenn die Regelabweichung erneut über lange Zeit in die andere Richtung zeigt. Das bringt einen Regler aus dem Tritt. Um diesen Effekt zu minimieren, wird oft der I-Anteil eines Reglers auf einen Maximalwert begrenzt. Dieser Effekt ist schwierig zu beschreiben, Sie werden ihn im Praktikum erleben.

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