Spule

Eine Spule ist ein elektrischer Energiespeicher. Die innere Funktion einer Spule kann nur mit umfangreichem Vorwissen in magnetischen Feldern verstanden werden. Die Spule ist wenig anschaulich und mir fällt keine gute Analogie zu ihrer Funktionsweise ein. Deshalb betrachten wir die Spule als Black Box und beschränken uns auf die Anwendung einer Spule in Schaltungen.

Eine Spule hat zwei elektrische Anschlüsse. Das Symbol der Spule ist ein gefülltes Rechteck mit zwei Anschlüssen. Sie können eine Widerstandssymbol schwarz füllen und erhalten das Symbol einer Spule. In amerikanischen Veröffentlichungen – und leider auch im Simulationsprogramm – wird ein gewickelter Draht als Symbol verwendet.

Die Fähigkeit, Energie zu speichern, wird durch die Eigenschaft Induktivität der Spule beschrieben. Die Induktivität hat das Formelzeichen L und sie wird in der Einheit Henry (H) angegeben. Sie charakterisiert die Spule.

Die Spule besteht im einfachsten Fall aus einem isolierten Draht, der um einen speziellen Kern herum aufgewickelt wird. Fließt durch den Draht ein Strom I, fällt an der Spule eine Spannung U ab. Die Induktivität L hängt – wie Kapazität und Widerstand – von Geometrie- und Materialparametern ab. Es gilt:

Genau wie beim Kondensator enthält die Formel einen Materialparameter und eine Naturkonstante. Der Wert von µr ist so gewählt, dass er für Luft den Wert 1 annimmt. Eine Spule, bei der der Draht ohne Kern einfach in der Luft zylinderförmig aufgewickelt wird, weist also den Materialparameter µr=1 auf.

Die Induktivität ist abhängig von den Geometrieparametern Kernlänge und Kernquerschnittsfläche. Die Anzahl der Windungen ist besonders wichtig, denn sie geht quadratisch in den Induktivitätswert ein.

Optimierung der Induktivität

Eine gute Spule für den Einsatz z. B. in einem Smartphone weist eine große Induktivität bei geringer geometrischer Größe auf. Wir können die Fläche A also nicht beliebig groß machen. Die Länge l des Kerns können wir auch nicht beliebig klein machen, denn auf den Kern werden die Windungen des Drahtes gewickelt. Der Draht braucht Platz. Wir können möglichst dünnen Draht einsetzen und ihn übereinander und nebeneinander wickeln. Damit wird l kleiner.

Den größten Einfluss auf die Induktivität haben die Parameter N und µr. N wirkt quadratisch und damit deutlich stärker auf die Induktivität als die Geometrieparameter, deshalb wird N häufig groß gewählt. Der Parameter µr ist je nach Material unterschiedlich. Er kann Werte von µr > 100000 annehmen. Mit dem richtigen Kernmaterial erhält also auch eine geometrisch kleine Spule sehr hohe Induktivitätswerte.

Zusammenhang zwischen Spannung und Strom

An der Spule gilt:

Alle Größen der Spule weisen reziprokes Verhalten zu den Größen am Kondensator auf. Sie tauschen in den Formeln für den Kondensator L gegen C und U gegen I aus. Damit erhalten Sie die Formeln für die Spule. Was am Kondensator für die Spannung gilt, gilt an der Spule für den Strom.

Energie

Auch bei der Energie ist das Verhalten der Spule reziprok zum Kondensator:

Die Energie, die in einer Spule gespeichert ist, hängt also proportional von der Induktivität L und quadratisch vom Strom I ab.

Optional: Einsatz in einer Schaltung

Dieser Abschnitt ist nicht klausurrelevant. Er dient der Erklärung, ist aber schwieriger zu verstehen als vorherige Abschnitte.

Ein Kondensator weist immer einen stetigen Spannungsverlauf auf. Die Spannung kann über der Zeit nicht „springen“. Der Kondensator glättet eine Spannung, er hält sie konstant, auch wenn die Last pulsförmig Strom aus ihm herauszieht. Dies erkennen Sie auch am Eimermodell: Der Füllstand des Eimers springt nicht, er ändert sich mit dem Zulauf stetig.

Reziprok dazu weist die Spule immer einen stetigen Stromverlauf auf. Eine Spule wird also dort eingesetzt, wo ein möglichst konstanter Strom benötigt wird, wo ein Strom geglättet werden soll. Ein gutes Beispiel ist die Erzeugung eines möglichst konstanten Stroms mit Hilfe der Pulsweitenmodulation. Dazu machen wir einen kurzen Abstecher in die Digitaltechnik.

Bisher haben Sie Spannungsquellen kennen gelernt, die beliebige Spannungswerte ausgeben können. Es gibt innerhalb von Schaltungen auch unterschiedlich hohe Spannungswerte an verschiedenen Widerständen. In der Digitaltechnik ist dies anders. Die Digitaltechnik nutzt das Zweiersystem oder Binärsystem. Hier werden zwei Zustände „high“ und „low“ unterschieden, als Zahlen ausgedrückt „1“ und „0“. In diesem Wikipedia-Artikel ist dies gut erklärt. In einem System, das z. B. an einer 3V Batterie betrieben wird, werden den beiden Zuständen die Spannungen ULOW = 0V und UHIGH = 3V zugewiesen.

An einem Ausgangsanschluss (Pin) eines Mikrocontrollers, der aus einem Softwareprogramm, also aus der digitalen Welt heraus angesteuert wird, können nur die Spannungen 0V und 3V anliegen. Zwischenwerte sind nicht möglich. Dazu lernen Sie in späteren Vorlesungen mehr.

In der Leistungselektronik wird der Elektromotor eines Elektroautos entweder mit der Ausgangsspannung der Batterie des Autos (aktuell i. A. ca. 400V) betrieben oder der negativen Batteriespannung (also -400V) betrieben. Zwischenwerte zwischen diesen Spannungen können vom Wechselrichter nicht ausgegeben werden. Dies wird in späteren Vorlesungen vertieft. Der Elektromotor benötigt einen möglichst konstanten Strom, obwohl die Spannung nur zwischen zwei Werten umgeschaltet werden kann.

Dies kann als Spannungsquelle mit zeitlich veränderlichem Ausgangsspannungswert modelliert werden. Da die Spannung über der Zeit die Form eines Rechtecks aufweist, wird das Symbol der Spannungsquelle abgewandelt.

Aufgrund der Parallelschaltung von Quelle und Spule gilt UL = U0. Der Verlauf der Spannung an einem Motor in einem Elektroauto über der Zeit kann beispielsweise vereinfacht so wie im unteren Teil der oberen Abbildung aussehen.

Wir gehen hier nicht darauf ein, wie ein Wechselrichter oder ein Mikrocontroller diesen Spannungsverlauf erzeugen. Der Strom der Spule entspricht dem Integral der Spannung über der Zeit – also der Summe der Spannung über der Zeit. Es gilt für eine Beispiel-Spule von L = 10mH:

Der Strom steigt also, so lange die positive Spannung anliegt, um insgesamt 40A an. Zum Zeitpunkt t = 2ms beträgt er 140A. Zur Berechnung des Stroms zum Zeitpunkt t = 3ms nutzen wir den Strom bei t = 2ms als Wert für IL0 = 140A und berechnen wieder die Spannungszeitfläche zwischen t = 2ms und t = 3ms:

Während dieser Zeit sinkt der Strom von 140A um -40A wieder auf 100A. Der Stromverlauf über der Zeit sieht folgendermaßen aus:

Der zeitliche Mittelwert des Stroms beträgt 120A. Er weist einen dreiecksförmigen Verlauf mit einem Gleichanteil in Höhe des Mittelwerts von 120A und einem Wechselanteil von ±20A auf. Je größer die Induktivität der Spule ist, desto geringer ist der Wechselanteil des Stroms. Eine gute Spule mit hoher Induktivität glättet Strom also besser als eine schlechte mit geringer Induktivität.

Spule in der Leistungselektronik

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